Rechtslage bei Impfschäden / PostVac
die grundlegende Rechtslage bei Impfschäden
10/30/20253 min lesen


Rechtslage bei Impfschäden in Deutschland: Anerkennung, Soziale Entschädigung, GdB und Pflegegrad
1) Was gilt als „Impfschaden“?
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) definiert den Impfschaden legal (das ist die Definition eines Impfschadens):
Er ist die gesundheitliche oder wirtschaftliche Folge einer gesundheitlichen Schädigung über das übliche Maß einer Impfreaktion hinaus, verursacht durch eine Schutzimpfung. Auch Schäden bei Dritten nach Impfungen mit vermehrungsfähigen Erregern sind erfasst.
2) Rechtsgrundlagen der Versorgung
a) IfSG und Soziales Entschädigungsrecht
Leistungen bei anerkannten Impfschäden beruhen auf § 60 IfSG. Danach erhalten Betroffene „Versorgung“ in entsprechender Anwendung der Regeln des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) (heute weitgehend im SGB XIV – Soziale Entschädigung fortgeführt). Ergänzende Koordinationsregeln enthält § 63 IfSG.
Seit 01.01.2024 ist das SGB XIV die zentrale Kodifikation des Sozialen Entschädigungsrechts. Für Impfschäden ist insbesondere § 24 SGB XIV einschlägig; er bestätigt den Leistungsanspruch, sofern die Schädigung über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgeht und die weiteren Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 SGB XIV vorliegen.
b) Typische Leistungen (Auswahl)
Heil-/Krankenbehandlung (ärztliche Behandlung, Arznei- und Heilmittel etc.), in Anlehnung an §§ 10 ff. BVG.
Renten-/Entschädigungsleistungen nach Grad der Schädigungsfolgen (GdS) sowie Berufsschadensausgleich (bei mind. 25 % Erwerbsminderung).
Leistungen zur sozialen Teilhabe, Hilfsmittel, Wohnumfeld, ggf. Hinterbliebenenversorgung; Ausgestaltung im SGB XIV.
3) Anerkennungsverfahren: So geht man vor
a) Zuständigkeit und Antrag
Zuständig sind die nach Landesrecht benannten Versorgungs-/Entschädigungsbehörden (heute regelmäßig SGB-XIV-Behörden). Örtlich relevant ist u. a. das Land der ursächlichen Impfung; die Länder veröffentlichen eigene Hinweise und Antragswege. Beispielhaft: Bayern (ZBFS), Rheinland-Pfalz (LSJV), Sachsen (KSV).
b) Beweismaßstab
Für die Tatsachen (Impfung, Gesundheitsschaden, Diagnose) ist Vollbeweis erforderlich; für den Ursachenzusammenhang genügt rechtlich die Wahrscheinlichkeit – es muss „mehr dafür als dagegen sprechen“ (medizinisch-wissenschaftlicher Kenntnisstand maßgeblich).
c) Konkurrenz von Ansprüchen
§ 63 IfSG koordiniert Überschneidungen (z. B. mit BVG-Ansprüchen) und regelt, dass eine einheitliche Rente festzusetzen ist. Daneben bleiben Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB/Art. 34 GG) unberührt.
4) Staatshaftung und Aufopferungsanspruch
Neben der sozialen Entschädigung kommt der öffentlich-rechtliche Aufopferungsanspruch in Betracht, wenn durch rechtmäßiges hoheitliches Handeln (z. B. staatlich empfohlene Impfkampagnen) ein Sonderopfer entsteht. Er gewährt Geldentschädigung, einschließlich Schmerzensgeld (BGH, Urt. v. 07.09.2017 – III ZR 71/17). Die Figur ist anerkanntes Richterrecht; Impfschäden wurden bereits früh als Fallgruppe benannt.
Abgrenzung zur Amtshaftung:
Amtshaftung (§ 839 BGB/Art. 34 GG) setzt Rechtswidrigkeit/Verschulden voraus.
Aufopferung greift ohne Verschulden bei rechtmäßigem Eingriff; maßgeblich ist das Sonderopfer.
5) GdB (Grad der Behinderung) – warum er wichtig ist
Unabhängig (aber oft parallel) zur Entschädigung nach IfSG/SGB XIV kann der GdB nach SGB IX festgestellt werden. Zuständig sind die für SGB XIV zuständigen Behörden (§ 152 SGB IX). Grundlage der Bewertung sind die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VersMedV inkl. GdS-/GdB-Tabellen).
Wesentliche Punkte:
Gesamt-GdB ist keine Addition von Einzel-GdB; maßgeblich ist die Gesamtwirkung der Funktionsbeeinträchtigungen.
Die VersMedV/VMG werden fortlaufend aktualisiert; Standmaterial und amtliche Broschüre sind öffentlich abrufbar.
Nutzen eines GdB: Nachteilsausgleiche (z. B. Steuer, Kündigungsschutz, Zusatzurlaub, ÖPNV-Nachteilsausgleich bei Merkzeichen), unabhängig von der IfSG-Versorgung.
6) Pflegegrad nach SGB XI – bei Pflegebedürftigkeit
Pflegebedürftigkeit ist in § 14 SGB XI definiert; die Einstufung in Pflegegrade (1–5) erfolgt per Begutachtungsinstrument nach § 15 SGB XI (sechs Module, gewichtete Punkte). Die Richtlinien des Medizinischen Dienstes (MD) wurden 2024 aktualisiert; seither ist Videotelefonie in geregelten Fällen möglich.
7) Praktische Checkliste für Betroffene
Antrag stellen bei der zuständigen Landesbehörde (SGB XIV/IfSG). Frühzeitig Unterlagen beifügen: Impf-/Chargennachweise, ärztliche Befunde, zeitlicher Verlauf. (Behördenseiten der Länder informieren über Formulare/Anschrift.)
Kausalität darlegen: medizinische Begründung, die einen Zusammenhang wahrscheinlich macht („mehr dafür als dagegen“).
Parallel GdB beantragen (§ 152 SGB IX) für Nachteilsausgleiche. VersMedV als Maßstab beachten.
Pflegegrad prüfen (SGB XI) bei dauerhafter Alltagseinschränkung; MD-Begutachtung nach aktuellen Richtlinien.
Weitere Ansprüche abklären:
Soziale Entschädigung (Heilbehandlung, Rente, Teilhabeleistungen, ggf. Hinterbliebene).
Amtshaftung/ Aufopferung erwägen, ggf. ergänzend zu IfSG-Leistungen. (Verjährung/frühe anwaltliche Prüfung beachten.)
8) Häufige Streitpunkte
Beweis der Kausalität (medizinische Wahrscheinlichkeit vs. Vollbeweis der Grundtatsachen).
Abstimmung paralleler Leistungen (IfSG/SGB XIV ↔ BVG-Systematik; § 63 IfSG). Urteile & Gesetze
Einstufung GdB/GdS (VMG-Auslegung, Gesamt-GdB).
Pflegegrad-Bewertung (Modulpunkte, Begutachtungsmodus inkl. Video).
Fazit
Betroffene haben in Deutschland mit § 60 IfSG i. V. m. dem SGB XIV ein eigenständiges Anspruchssystem der sozialen Entschädigung; daneben kommen zivil-/staatshaftungsrechtliche Wege (Amtshaftung, Aufopferungsanspruch) in Betracht. GdB (SGB IX) und Pflegegrad (SGB XI) sind zusätzliche, unabhängige Säulen zur Absicherung im Alltag. Wer systematisch vorgeht – Antrag, Nachweise, parallele Verfahren – kann seine Rechte deutlich besser durchsetzen.
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